Zentralamerika Süd
Ankunft | 21.06.2019 |
Wechsel nach | Segeltörn Karibik |
Strecke km | 3173 Auto, davon 217 Schotter und 41 zu Fuss |
Nicaragua Costa Rica Panama |
8 12 7 |
Inzwischen habe ich mich langsam an die komplizierten, verschleierten Abläufe an den Grenzen gewöhnt. Wenn einem die Beamten warten lassen, bleibe ich ganz cool im Bus und lese einfach ganz ruhig meinen Roman weiter.
Ich überquere also die Grenze zu Nicaragua. Hier ist die Lage viel entspannter als in Honduras. Keine Strassenblockaden mehr. Die Landschaft, die Strassen- und Temperaturverhältnisse sind die gleichen. Am Meer heiss und schwül, in den Bergen kühler, alles ist grün, dichter Dschungel und grosse Wiesen.
Ich suche natürlich einen Bergsee. Leider mit viel Grauschleier und keine wilde Kulisse wie bei uns. Aber ich finde einen attraktiven Campingplatz, der in der iOverlander App noch nicht verzeichnet ist. Ich bin echt stolz, dass ich diesen schönen Ort am See einpflegen kann.
Wieder unten am heissen Meer, lande ich auf einem speziellen Platz für Surfer. Der Eigentümer ist mit einem Gast am Surfen. So warte ich bis zur Dämmerung und muss hoffen, dass ich bleiben darf. Er heisst mich dann aber herzlich willkommen. Es sind noch zwei weitere Camper da: ein deutsches Pärchen und eine brasilianische Familie mit zwei süssen Mädels. Die Mutter ist Lehrerin und unterrichtet ihre Töchter gleich selbst. Sie zeigen mir Bilder vom Vulkan Masaya. Das sieht so toll aus, dass ich unbedingt hinfahren muss.
Der Vulkan Masaya ist aktiv. Also buche ich eine Nachtbesichtigung. In der Dämmerung beginnt die kochende, brodelnde Lava regelrecht zu leuchten. Man könnte denken, man gucke direkt in die Hölle hinunter. Völlig gefesselt von diesem Anblick, bleibe ich, bis die Finger vom Schwefeldampf zu kleben beginnen.
Die nächste Grenze führt mich nach Costa Rica. Die Schweiz von Zentralamerika. Ich freue mich sehr darauf. Beim verlassen von Nicaragua lässt sich der sogenannte Grenzhelfer nicht abschütteln. Er beschleunigt den Prozess, indem er weiss, wo der Polizist, welcher in dem komplizierten Ablauf sein Visum auf einem Zettel machen muss, versteckt ist. Den hätte ich wohl ohne seine Hilfe stundenlang suchen müssen. Am Schluss will er sein Honorar. Ich gebe ihm mein zweit letzter 100 Quetezalschein, also ca. Fr. 3.00. Den Letzen will ich aufheben, falls noch weitere Kopien verlangt werden sollten. Er stänkert und meint, das sei zu wenig. Auf der Costa Rica Seite begrüsst mich ein weiterer, sogenannter Grenzhelfer mit „hallo Alfred“. Woher kennt der meinen Namen? Nun kommt zuerst der Pass mit dem Visum. Klappt problemlos. Dann geht es zum Schalter für die temporäre Bewilligung, mein Fahrzeug in Costa Rica zu führen. Der Beamte will die Typenbeschreibung im Schweizer Fahrzeugausweis nicht anerkennen. Also führe ich ihn zum Auto, damit er es selber benennen kann. Dort angekommen fragt er mich, wo meine drei Beifahrer seien. Ich erkläre, ich fahre allein. In dem Falle könne er die Bewilligung nicht erteilen, denn im Fahrzeugausweis stehen 4 Personen. Einer allein in diesem Auto sei in Costa Rica nicht erlaubt. Damit liess er mich stehen, kein Formular, keine Reisebewilligung. Für mich kommt es überhaupt nicht in Frage, etwas Ungesetzliches zu tun. Also umdrehen und zurück in die Schweiz. Aber dieses Gesetz kann doch irgendwie nicht sein! Nirgends habe ich so etwas gelesen! Der nette Grenzhelfer meint, er könne hier für mich ein gutes Wort einlegen, dann könne ich trotzdem einreisen(?!). Ich wollte wissen, was das denn kosten würde. Er sagt, USD 150. Das ist so ungeheuer, dass ich der Schweizer Botschaft telefoniere um die Sachlage abzuklären. Dort sind aber grad alle am Feiern und besoffen. Es ist auch Samstagnachmittag. Darum beschliesse ich, bis am Montag hier zu campieren und dann mit der Botschaft den Fall zu regeln. Plötzlich ist der Typ wieder da und bringt einen weiteren Mann mit, welcher ein Batch vor dem Bauch baumeln hat. Es sei nun geregelt, ich könne einreisen. Der Beamte knallt dann widerwillig seinen Stempel und Unterschrift unter den Wisch. Bezahlt habe ich natürlich nix. Dann noch die Versicherung lösen und Hallo Costa Rica, ich komme. Dass der Bankomat dann keine meiner Bank-, Kredit- oder Scheckkarte annahm ist ja kaum der Rede wert. Eine Stunde später, bei einer anderen Bank, wo die Schlange 1/2 Stunde lang ist, gab es dann Geld.
Daraufhin fuhr ich Schnur stracks zu Adi und Roli auf den Camping um mich zu erholen. Das Schweizer Paar betreibt einen Bauernhof, Cabanas und ein Camping im Dschungel. Im Gästebuch fand ich zwei Klotener Pärchen, welche schon bei ihnen Station machten. Es gab da auch hervorragendes Essen und nette Gesellschaft.
Die zweite Schweizer Basis fand ich an der Lagune de Arenal. Dort sah es aus, wie am Ägerisee. Schweizer Bauernhof, Emmentaler Kühe, Hotel, Bergbahn, Drehrestaurant und zwei Chalet Häuser. Der Innerschweizer Bauer Ulrich zog hierher und baute sich seine Mini Schweiz. Sogar Aebi Heulader, FBW Doppelstöcker Bus und Anhänger aus der Schweiz standen rum. Auch da stiess ich auf Spuren von einem CH Gast Paar dass ich kenne. Im Jahr 2015 erlag Herr Ulrich einem Herzinfarkt. Nun führt seine Frau (Costa-Ricanerin) und sein Sohn den Betrieb weiter. In der Beiz genoss ich übrigens eine Schweinsbratwurst mit Rösti und Bauernbrot, sowie ein Meringue Glace zum Dessert.
Der dritte Schweizerbetrieb befand sich bei Orosi. Franziska Mosimann und ihr Mann, betreiben dort ein Off Road Töff Tour Abenteuer, Camping und die Bäckerei Suiza. Er war grade auf Tour und darum lernte ich „nur“ Fränzi kennen. Eine Seele von Mensch. Am nächsten Morgen ging ich in ihrer Bäckerei vorbei, gab den Schlüssel zurück und bezahlte den Camping. Ich erfahre von den Schweizern die hier leben am Meisten von den Menschen und den Gegebenheiten im Land.
Der vierte Schweizer, Fabio, hat eine junge hübsche Costa-Ricanerin geheiratet. Er schreibt Software und reist jedes Jahr für zwei Monate in die Schweiz.
Als letztes Land in Zentralamerika durchquere ich nun Panama. Hier läuft der Zoll soweit noch ganz gut. Die meiste Zeit geht verloren, weil der Computer die Schweiz nicht kennt. Im Formular MUSS ein vorgegebener Ländername eingetragen werden. Alle Worte auf dem Schweizer Pass funktionieren nicht: Schweiz, Suisse, Svizzera, Svizer, Swiss. Also so gesehen gibt es mich hier nicht, ich bin ein Staatenloser Geist. Ein ganz cleverer, gut ausgebildeter, junger Zollbeamter hat dann die richtige Idee: nein, nicht Suiza, das wäre viel zu einfach. SWITZERLAND ist richtig! Nach einer halben Stunde ist die Schlange hinter mir auf sicher 20 Leute angewachsen...
Auch hier klappte übrigens der Bankomat nicht, diesmal aber, weil er einfach nur defekt war. In der Bank machen sie keine Barauszahlungen. Da jedoch Panama US Dollar als Währung hat, konnte ich von meiner Reserve leben.
In Panama gibt es nur im Grenzland zu Costa Rica Berge. Danach nur Autobahn auf Meereshöhe. Grün, Dschungel, langweilig. Also nix wie durch. Am Samstag fahre ich einen Camping mit gutem WiFi an. Dort befasse ich mich dann mit dem Problem Auto verschiffen. Ich drucke 20 Seiten Beschrieb aus, studiere Segeltörns via San Blas Inseln und erarbeite dann eine .xls Planung für das weitere Vorgehen in den nächsten 11 Tagen. Ein gewöhnlicher Zoll ist schon ziemlich mühsam. Aber das Auto über lateinamerikanische Grenzen verschiffen, das ist die Krönung. Deshalb hier die Story:
Montag, Panama, Ziel: Frachtvertrag erstellt. Probleme:
1) Mein Telefon mit Salt SIM Karte. Wer mich anruft hört: «Kein Anschluss unter dieser Nr.» !! Die Firma Salt nimmt das Problem entgegen und zur Kenntnis. Die Behebung braucht dann VIER Tage
2) Das Büro der Seabord Marine ist kaum zu finden. Falsche Geschossangabe, keine Hinweisschilder
3) Seabord Marine nimmt von Laien wie mir, keinen Auftrag an. Sie verlangen ein Agent. Ich hatte zwar von Costa Rica aus eine Tea Kalmbach per E-Mail angefragt, aber keine Antwort von ihr bekommen. Bruno von Seabord bittet darauf Tea Kalmbach, für mich die Agentin zu machen. Die Frau hat ihr Büro übrigens in Argentinien.
4) Nachdem Tea die Arbeit begonnen hat, bekomme ich den Entwurf des Bill of Lading zur Kontrolle. Hier sind viele Fehler. Mein Name ist falsch geschrieben und die zwei Beschrieb Zeilen vom Bus stimmen überhaupt nicht.
5) Für den Dienstag brauche ich 6 x 6 = 36 Kopien. Im Hostel ist ein Kopierservice angeboten. Also will ich am Abend alle diese vielen Dokumente vorbereiten und kopieren. Aber es stellt sich heraus, dass der Kopierer am Rand einen schwarzen Streifen andruckt, der viel Text überdeckt. Wenn ich aber morgen um 05:30 die Kopien NICHT habe, schiebt das Zeitfenster für die Verschiffung um eine Woche! Der Mann an der Rezeption hat die gute Idee: mit seinem Handy macht er Fotos, lädt die auf den Drucker und bringt so die Kopien noch in der Nacht heraus!
Dienstag, Panama, Ziel: Polizeibewilligung für Fahrzeugausfuhr erteilt
Hier geht es darum, amtlich über Interpol zu prüfen, ob das Auto als gestohlen gemeldet wurde. Ich muss um 05:30 Uhr vor der Kontrollstelle erscheinen. Der Parkplatz ist jedoch schon voll. Ein Strassenverkäufer kennt den Beamten und erwirkt seine Genehmigung, dass ich ausserhalb, direkt im Ghetto, parkieren darf. Um 05:33 reihe ich mich in die Warteschlange für die Anmeldung ein. Ich bin der 17. Sie kontrollieren übrigens nur 25 pro Tag. Um 09:00 kommt dann der Beamte zu meinem Auto. Er braucht 30 Sekunden um die VIN Nr. zu lesen. Dann darf ich bis 14:00 Uhr warten, um in der Hauptwache vorzusprechen, damit mein Ausfuhr Dokument erstellt werden kann. Weil in dieser Gegend das Auto unsicher steht, fahre ich mit dem Taxi dahin. Dazwischen muss ich die Frachtkosten von USD 1574 auf der Bank in cash einzahlen. Karten werden zur Zahlung nicht akzeptiert. Cashbezug am Bankschalter geht auch nicht. Also war ich schon drei Tage lang daran, die Bankomaten zu plündern. Immer nur max. USD 500 und USD 5 Bankspesen. Pro Tag EIN Bezug möglich.
Mittwoch, Panama - Colon, Ziele: Kopien der letzten Dokumente, Panamakanal, Colon rekognoszieren
Mehr oder weniger entspannt wache ich auf. Dank einem Coiffeur (!) finde ich einen Kopierladen. Dann schaue ich den mächtigen Panamakanal, die Schleusenbauwerke und das Museum an. Schon um 14:00 erreiche ich Colon, den Verschiffungshafen. Spontan komme ich auf die Idee, das Papier von morgen Donnerstag schon heute zu bearbeiten. Also bekomme ich ein weiteres, provisorisches Bill of Lading von Seabord Marine und kann dann das Auto im Pass ausstempeln lassen. Auch bei der Frachtfirma, welche den Bus in den Container lädt, fahre ich vorbei und bespreche den Ablauf vom Donnerstag. Dann finde ich ein super netten Camping hoch über dem Meer. Eddie und Veronica sind das Eigentümer Paar. Eddie bietet mir an, mich morgen von Colon zum Starthafen vom Segelboot zu fahren.
Donnerstag, Colon, Ziele: Bus verladen, Einschiffen
Den Bus verladen im Container klappt prima. Dann treffe ich Veronica und werde noch zum Mittagessen eingeladen! Dann fährt mich Eddie zu Hafen mit dem Segelschiff. So enden meine Abenteuer von Zentralamerika.