Argentinien
Ankunft | 28.10.2019 |
Wechsel nach | Uruguay |
Strecke km | 4363 Auto, davon 29 Schotter und 38 zu Fuss |
Im Verlaufe des Nachmittags darf ich in Argentinien einreisen. Alle meine Papiere sind in Ordnung, keine Vorräte im Kühlschrank, die Haftpflichtversicherung in Ordnung, keine Waffen oder Drogen :-), alles ist gut.
Also muss ich nun als Erstes einkaufen. Aber der Supermarkt existiert nicht mehr! Mit viel Mühe finde ich einen kleinen Laden um mich für das Abendessen und Frühstück einzudecken. Die Restaurants sind geschlossen, die Lampen der Lichtsignale sind teilweise defekt. Ein richtiger Kulturschock für mich. Ich denke, das hat mit der üblen Inflation zu tun. Die Leute kaufen nur noch das Nötigste.
Am ersten Touristen Ort, nach ca. 700km ändert sich das Bild. Hier gibt es eine Markthalle, viele Läden, Cafés mit feinen süssen Sachen, meine Welt wird wieder in Ordnung gerückt.
Nach einer letzten, kalten Nacht auf 2700m Höhe mit Tiefsttemperatur 3°C, geht es nun wieder in die Tiefe. Da wird dann Argentinien topf eben, langweilig und heiss. Zu allem Überfuss fahre ich eine Strasse, welche auf 100km so viele Schlaglöcher hat, dass man regelrecht Slalom, bei maximal 40km/h fährt. Höllisch anzusehen, wenn einem ein Lastwagen direkt entgegenfährt, weil er auf «meiner» Seite etwas weniger Löcher um kurven muss.
In der nächsten Stadt, es ist Sonntag, will ich Geld vom Bankomaten beziehen. Alle meine 4 Kredit-, Check- und Bankkarten werden nicht akzeptiert! Nach mehreren Versuchen gibt dann ein Bankomat auf die Checkkarte Geld heraus. ARS 2000.00, entsprechen CHF 33.42, bei einer Tax von ARS 635, entsprechen CHF 10.61. Völlig verrückt! Da muss ein Plan B her! In einer Shopping Mall tigere ich umher und suche eine Bank. Der Wachmann fragt, was mein Problem sei. Er hat einen Lösungsvorschlag: Gehe doch einfach in’s Kasino und wechsle USD. Zum Glück hatte ich in Bolivien USD 800 beziehen können. Also gebe ich nun USD 200 beim Schalter wechseln. Das klappt prima. Ich bekomme sogar mehr, als die App anzeigt und erst noch ohne Tax. Freude herrscht!
In den besiedelten Gebieten von Argentinien findet man Campings. Die sind aber in einem himmeltraurigen Zustand. Gebaut vor x Jahren, nix gemacht, lottert alles und sieht zum Teil abenteuerlich dreckig aus. Leute mit Sauberkeitsbedürfnis werden hier nur vom anschauen krank. Zum Glück bin ich diesbezüglich stahl hart.
Aber dafür sind die Menschen auf den Campings mit goldenen Herzen ausgerüstet. Ich treffe gleich auf eine Gruppe fröhlicher Camper. Die laden mich umgehend zu gebratenem Fisch ein. Ist aber nicht mein Ding, ich esse lieber meinen Salat. Dafür sind sie von meinem Bus mit dem Dachzelt hell begeistert. Natürlich mache ich gerne eine Demo für sie. Am Schluss lädt mich dann der Leader der Gruppe, Sapo, in 14 Tagen, nach Villa Maria ein. Dort findet dann ein Camper Treffen statt.
Als nächsten Höhepunkt erlebe ich die Wasserfälle von Iguazu. Ich erwartete eine Szenerie à la Rheinfall. Aber diese Wasserfälle sind die grössten, die ich je gesehen habe! Zuerst fährt man mit der Eisenbahn durch den dampfend heissen Dschungel und dann zu Fuss über Blechstege mitten hinein in die Gischt! Ein weiterer Wanderweg führt dann in die Tiefe, so dass man die Fälle auch noch von unten bewundern kann. Es sollen dort 365 einzelne Fälle in die Tiefe donnern. Überwältigt und müde ging es an diesem Tag in die Heia.
Als nächstes Ziel steht nun das Camping Wochenende in Villa Maria an. Ich habe viel Zeit und gondle gemütlich durch die weiten Ebenen, mit dem hellblauen Himmel und den weissen Wolkenbändern. Genauso wie es die Argentinische Flagge zeigt. Dort angekommen, bin ich der Erste. Bald darauf füllt sich der Platz. Argentinische Camping Fans, Grosseltern, Eltern, Kinder in höllischen Kisten fahren auf. Flugs entsteht eine Feld Küche mit Grill, Gasherden und Rüsttischen. Irgendwo startet eine Sitzplatz Runde. Alle Erwachsenen sitzen mit ihren Campingstühlen im Kreis. Die Kinder spielen, mal auf der Grossmutter, dann auf dem Rasen oder im Spielparadies. Zu trinken gibt es Mate oder Bier. Mate ist ein Tee, in einem speziellen Becher, angemacht mit 84° heissem Wasser. Die Kräuter bleiben im Becher und deshalb steckt ein Metall Röhrli mit Filter darin. Die Stimmung ist warm, herzlich, fröhlich, freundschaftlich, einfach positiv.
Am nächsten Morgen, bildet sich die Sitzrunde rund um meinen Campingtisch. Anfangs vier Leute zunehmend, bis etwa 40 Leute, Hauptmenü: Mate. Am Mittag kommt das Signal aus der Küche. Jetzt gibt es gebratenen Fisch, Pommes Frites, Trockenfleisch, Käse und Brot mit Bier. Himmlisch! Am Abend, nach Sonnenuntergang, startet die Party in einem gekühlten Gemeinschaftsraum. Manche Camper und Camperinnen haben wirklich gute Stimmen. Die unterhalten mit Karaoke vom Feinsten. Gleichzeitig kommen jetzt die Argentinischen Fleischbrocken auf den Grill. Mayonnaise wird frisch gemacht. Den Salat bringt jeder selber mit. So um Mitternacht gibt es das Abendessen. Die Argentinier schwingen jetzt voll das Tanzbein. Ich bin geschafft und verkrieche mich ins Bett. Am nächsten Tag dasselbe Programm, nur gibt es zum Nachtessen Pizza. Alles selbstgemacht, inklusive Teig.
Am Sonntag, packe ich zusammen, damit ich mit Reserve Zeit nach Montevideo fahren kann. Die Abschied Szene mit den Camper Freunden ist unglaublich! Sie beschenken mich mit einem Mate Becher, Mate Röhrchen, Mate Tee und einer Indianerfigur. Ich bin überwältigt und glücklich. In meinem wackligen Spanisch erkläre ich: «Ustedes son las mas bueno for mi corazon, muchas gracias» Was ausdrücken soll, Ihr seid das Beste für mein Herz, vielen Dank. Aufgrund der Reaktion, zum Teil mit feuchten Augen, sehe ich, dass meine Botschaft angekommen ist. Mit einem glücklichen Gefühl, verlasse ich die Gemeinschaft.
Und drei Tage später, überquere ich bereits die letzte Grenze in Südamerika in diesem Jahr. Uruguay ich komme!