Yukon, Alaska
Ankunft | 15. Juli 2018 |
Wechsel zurück zu Rockies | 18. August 2018 |
Strecke km | 8004 Auto, davon 2400 Schotter und 62 zu Fuss |
Mit der Ankunft in Yukon bekomme ich neue Gefühle. Ein Mix aus Respekt, Neugier, Ehrfurcht und Abenteuer.
Woher mag das kommen? Hier «oben» fehlen die markanten Zeichen der Zivilisation wie Radio, Stromleitungen, Zäune. Häuser und Ortschaften stehen zwischen 150 km und 300 km auseinander. Strom, Telefon und W LAN gibt es nur in Ortschaften. Als einziges gibt es die Strassen und Trails. Weil man länger als drei Tage von Ort zu Ort braucht, muss man auch entsprechend Essensvorräte einkaufen. Auch Tankstellen können über 300km weit auseinander liegen.
Dafür fährt man wie durch einen riesigen Zoo. So habe ich, der Grösse nach sortiert, schon am ersten Tag Bisons, Bären, Bergziegen, einen Fuchs, Hasen, Eichhörnchen, Wildhühner und viele Vögel gesehen.
Sogar ein Ureinwohner, in Kanada respektvoll «First Nation» genannt, hat mich angesprochen und wissen wollen, ob es mir hier gefalle. Oh ja war meine Antwort, hier beeindrucke mich die weite Natur und die Ruhe. Er hat darauf tief genickt.
Nach 32 Tagen im Yukon und in Alaska, kehre ich wieder nach Britisch Kolumbien (BC) und seinen Rockys zurück. Also ist es Zeit für eine Bilanz.
Respekt
Am Anfang des Dempster Highway steht ein lapidar geschriebenes Schild: Es gibt keinen Arzt auf 400km. Wer also da hinauf will, muss gesund sein, sich in einer Notlage selber verarzten können und seine Lage zuversichtlich einschätzen.
Auch ein Ersatzreifen soll mitgeführt werden. Falls man ohne Ersatzrad einen Platten hat, kann ein Ersatz am Strassenrand mehrere Tage dauern. Telefon geht eh nicht, hast du also Glück und es kommt ein vertrauenswürdiger Mensch zu Hilfe? Hast Du genug Wasser und Essen um lange auszuharren? Kommt dann auch die richtige Felge mit dem passenden Reifen? Oder verlässt Du Dein Auto und am Schluss ist nur noch eine leere Hülle da?
Neugier
Bekomme ich den Mount Mc Kinley, also meinen ersten 6’000er, vors Gesicht? Die Antwort ist ja! Ein Ranger begutachtete mein Bild und sagte, das sei ein «Kodak» (Bedeutung = Kodak Firma, welche Foto Filme herstellte). Der Mt Mc Kinley ist an etwa 3-4 Tagen OHNE Wolken zu sehen.
Eines meiner emotionalsten Erlebnisse war der Besuch des Native Heritage Museums in Anchorage. Das ist ein Museum von den «Nativs» also europäisch ausgedrückt, von den Eskimos. Auf einem Rundweg um ein en Teich, sind von allen Stämmen die Behausungen, worin auch die gnadenlosen Winter, mit Tiefsttemperaturen bis -60°C überlebt werden können. In jedem Haus war ein junger Eskimo, welcher ein paar Gegenstände erklärte und die man «alange» durfte/sollte. Zum Schluss haben die Eskimos auf der Bühne gesungen, getrommelt und getanzt. Für jedes Lied war eine Geschichte aus ihrem Leben die Grundlage. So hörte man, wie sie fischen, jagen, kochen, trainieren, heilen und so weiter.
In Kanada im Nationalpark gibt es abends einen Feuer Talk mit Tee oder Schoggi. Ein Ranger/in vertieft dann ein Naturthema aus dem Park. Ich kam in den Genuss zu erfahren, warum die Lachse vom Kathleen Lake nicht (mehr) ins Meer schwimmen.
Ehrfurcht
Die immense Weite der unberührten Landschaft. So wie Gott sie geschaffen hat. Ohne Eingriffe des Menschen. Einfach nur harmonisch. Viele wilde Tiere sagen sich da oben buchstäblich gute Nacht. Wunderschön ist auch, dass ich alle diese Tiere sehen konnte. Einmal sogar ein Seeadler, welcher auf einem Baum sass, sich aufs Wasser stürzte, einen Fisch rausholte und auf einem anderen Baum genüsslich verspeiste. Ein Trapper hat mir zu der Geschichte gesagt, es sei nur wenigen Menschen vergönnt, diesen Vorgang live zu sehen!
Abenteuer
Den Dempster Highway zu fahren, war schon ein Abenteuer. Immer das Gefühl zu haben, wenn nur alles gut geht! Kein Plattfuss oder Unfall, kein Unwetter oder Waldbrand, kein aggressiver Grizzly. Ich blieb von alledem verschont.
Dafür hatte ich einen Plattfuss, an einem Samstag, just bei einer Tankstelle mit prima Werkzeug. Dank dem Reserverad war eine Weiterfahrt gut möglich. Am Montag drauf liess ich mir in Fairbanks 5 neue Reifen aufziehen.
Auf einer Wanderung, eine Gletschermoräne hoch, rannte urplötzlich, fast lautlos, ein Grizzlybär den Berg hinunter! Ein andermal, kam ich nach einem Foto zu meinem Auto zurück, als ein Schwarzbärmami mit zwei Jungen den Bus beschnupperte. Zum Glück kam dann ein Auto und das eine «Weicheibaby» rannte vor Angst in den Wald zurück und Mammabär mit dem Schwesterchen hinten drein.
Begegnungen
Im Yukon und in Alaska sind viele touristische Höhepunkte. Das zieht Schweizer und Deutsche magisch an. Logisch dass ich hier viele Begegnungen, nota bene in der Muttersprache erleben durfte. So traf ich Heiri und Heidi, zwei Schweizer, welche in Austin Texas wohnen. Sie haben mir angeboten, das Auto über Weihnachten bei ihnen zu parkien!
An einem Sonntag wollte ich auswärts essen. Also besuchte ich ein Lokal mit prima Kartenaushang. Drin, liess ich mich setzen und hatte vis a vis eine Gruppe lebhaft schwatzende Amis. Drei Männer und zwei Twins. Da laden sie mich zu sich an den Tisch ein. Besser als allein zu speisen, also setze ich mich zu ihnen. Altersklasse 40 - 50. Zwei Unternehmer und ein Mann, der kein Wort spricht. Dafür sind die Frauen umso lauter und schon recht besoffen. Das Essen schmeckt hervorragend und ich trinke vom Rotwein mit. Die zwei Leader sind US Unternehmer, einer verkauft Auto Parts und der Andere hat ein Dachdecker Unternehmen.
Plötzlich kommt die heikle Frage, was wir Europäer aktuell von den USA halten.
- Autsch Vorsicht! Jetzt wird rhetorisch gefährlich! - Ich sage so diplomatisch wie ich kann, wir seien mit Herrn Trump nicht glücklich.
Das gefällt den beiden Herren! Die schimpfen direkt los und wünschen sich den Kerl auf den Mond! Ich staune nicht schlecht. Der Dachdecker bedauert sehr, dass der Rest der Welt die Amis nicht mehr mögen und schneiden. Als der Auto Part Händler die Rechnung bestellt, lässt er mein Essen und Getränk gleich mit aufschreiben und sagt am Schluss: We coverd Your Meat! Ich muss nach der Bedeutung der Worte nachfragen. Das heisst, sie hätten meine Rechnung gleich mit bezahlt. Voll cool. Die haben wirklich keine Freude an Trump und dafür an Leuten, die trotzdem die USA besuchen.
Zusammenfassung
Das touristische Schlagwort im Yukon heisst:
«Larger Than Life»
Als ich diese Aussage zum ersten mal sah, fragte ich mich, was das soll. «Grösser als das Leben?» Gibt es den Grösseres als Leben?
Jetzt, an der Grenze zu BC, beim Verlassen dieser einsamen Wildnis, glaube ich verstanden zu haben. Hier oben hat der Mensch so gut wie nix gestaltet. Hier ist die Welt so, wie sie von Gott geschaffen und dauernd geschliffen wurde.
- Also Grösser als ein von Menschen gestaltetes Leben -