Wilder Westen
Ankunft | 01. Oktober |
Wechsel hei | 23. Oktober |
Strecke km | 5800 Auto, davon 140 Schotter und 29 zu Fuss |
Als ich den Titel «Wilder Westen» gewählt hatte, sah ich die Klischee behafteten Bilder im Kopf: Hitze und gleissende Sonne, Männer mit riesen Hüten, Pistolen am Gurt, Wilde Pferde, Indianer mit Kopfschmuck, Tresen mit Whiskey welche über das Blech «zugeschossen» werden und natürlich noch ein Pistolenduell auf Tod und Leben…
Aber kein einziges Klischee habe ich wiedererkannt. Einzig die grandiose, erhabene Landschaft ist noch da! In meinen nachfolgenden Schilderungen kommen meine Wahrnehmungen zum Ausdruck:
Die Cowboys auf den Pferden von früher sind heute Jäger in Tarnanzügen auf Quad, die Gewehre, nota bene mit Zielfernrohren, stecken in Köchern, welche am Quad befestigt sind. Die Jungs sind so schnell unterwegs, dass ich nie einen mit der Kamera einfangen konnte.
Am Anfang stand die Durchquerung der Sierra Nevada. Am zweiten Tag bei herrlichem Sonnenschein! Diese Wüste war hammer, etliche Bergzüge zum überqueren, dazwischen die riesigen Flats, wo die flimmernde Luft Fata Morganas erzeugt. Am Abend fahre ich ein Camping an, wo das Haus so aussieht wie im Film. Die junge Frau am Empfang war aber schon mal keine «Wilde» und sah in etwa so aus wie unsere jungen Girls auch und war einfach nur freundlich. Weil der Camping in der einen App noch nicht drin war, habe ich seine Daten eingepflegt. Dazu fragte ich den Chef über seine Angebote, damit auch alles stimmt. Die Rechnung für den Camping mit Dusche, Wasser, Waschküche von $10.00 schenkt er mir dafür.
Mit meinem Bus kann ich prima auf Naturstrassen fahren. Er hat ja automatischen Vierradantrieb und M+S Reifen. Also fahre ich ein Natursträsslein, über Stock und Stein, an einem Camp mit Jägern (siehe oben) vorbei und stelle mich in die Büsche. Während der Nacht hatte es durchgeregnet und am Morgen war die Naturstrasse nur noch Schlamm-Schleim. Dummerweise war sie an einer Stelle mit Gefälle auch noch quergeneigt. Als ich also da abwärtsfuhr, schlitterte ich, ohne Traktion, der Schwerkraft folgend, in den Graben runter. Zum Glück war das Auto ist NICHT gekippt und etwa 15° auf die Beifahrerseite geneigt. Also konnte ich die Fahrertüre aufstemmen und in den Schlamm raus pflutschen. Etwa 500m weiter, campierten ja die Jäger mit ihrem Monster Trucks und Monster Wohnwagen. Also hin und kleinlaut um Hilfe bitten. «No Problem, I came, sit in the Truck, lets see.” Als der Truck losfahren sollte, drehen die Räder und kein Wank geht. «Oh, mudy, fuck!» Locker schaltet er mal per Knopfdruck Allrad und alle Sperren ein. Dann zum laufenden Strom Generator fahren (10m, es ist schlammig) und abstellen. Danach hin zu meinem Auto schlittern. Dann bringt er einen tollen 4 Tonnen Zuggurt mit einem mikrigen Schäkel. Also fixieren an der Reserveradaufhängung. Dann geht’s mit vereinten Motoren rückwärts wieder raus auf die Höhe. Darauf suchen wir einen alternativen Weg übers Grasland. Im Slalom fahre ich um Büsche und Steine herum, bis auf die normale Strasse. Also echt, ganz toll wie einfach und selbstverständlich die Leute geholfen haben! Amerika ist nicht nur Trump..
Mein nächstes Ziel war der Capitol Ref Nationalpark. Auf der Passhöhe vorher, gab der Bordcomputer Temperatur Alarm und warnte vor Schnee. Es kam genauso. Auf 2500 m. ü. M. sah ich den ersten Schnee in dieser Saison. Weil ich am Morgen gelernt hatte, Schleim zu meiden, bin ich brav auf einem Camping gefahren. Als ich am nächsten Morgen erwachte, lag Schnee und es hatte dicken Nebel. (Wo ist der wilde Westen geblieben, das war ja wie zu Hause!) Deshalb bin ich fluchtartig gen Süden gefahren.
Im Camping hatte es WiFi, also hörte ich Radio Zürisee auf dem Handy. Im einzigen Laden auf ca. 400km habe ich eingekauft. Von der Chefin, eine wache Dame in den 50igern, wollte ich wissen, ob sie hier auch WiFi hätten. Ja klar und sie führt mich zu einer Notiz an der Wand mit dem Passwort. Flugs mache ich die Verbindung und schon spielt mein Handy Radio Zürisee mit Rock Musik. Das halte ich ihr an die Ohren und sage, auch in der Schweiz hören wir gute Musik! Sofort beginnt sie zu tanzen und wir geniessen zusammen den guten Moment.
Am folgenden Tag durchquere ich Indianergebiet. Die Indianer kommen wir sehr abweisend vor. Hier ist wohl der Wilde Westen noch nicht vorbei. Die Menschen hier scheinen alle Weissen nach wie vor zu hassen. Ihre Wunden sind wohl noch nicht ausgeheilt? Zudem ist es überall schmuddelig, dreckig, Müll überstellt die Vorgärten. Mir gefällt es hier nicht und darum ziehe ich schnellstens Leine.
Dann fordert mich mein Bordcomputer auf, das Öl zu wechseln. Also fahre ich nach Flagstaff zu einem VW Betrieb. Dort angekommen, nehmen sie meinen Bus gleich dran und machen sich ans Werk. Als die Arbeiten fertig sind, ist bereits Abenddämmerung. Also noch schnell einkaufen und einen Platz für die Nacht suchen. Die App zeigt einen «Ampel Parkplatz» sogar in Flagstaff an. Also nicht weit, da fahre ich hin. Ich komme auf einen Lastwagen Parkplatz. Da hat es auch Douchen, eine Kantine, Laden, Tankstelle, Werkstatt, so ziemlich alles was der Trucker so braucht. Dummerweise ist es nachts wieder kalt und mein Lastwagen Nachbar lässt die ganze Nacht den Dieselmotor laufen. Zuerst dachte ich, au fein, das ist ja wie im Militär, da bin ich nach fünf Minuten Lastwagenbrumm, sofort eingeschlafen. Aber in dieser Nacht war es anders. Als ich um 03:30 Uhr erwachte, konnte ich nicht mehr einschlafen. Also Tagwache machen und die Morgendämmerung fahrend geniessen.
Schlussendlich habe ich im Wilden Westen 10 Nationalparks besucht, sehr hilfsbereite und positive Amerikaner und abweisende Indianer erlebt.
In Liberty Hill endet nun meine erste Etappe. Hier darf ich den Bus bei Heidi und Heiri parkieren. Die Parkgebühr ist mit Schweizer Käse und Schoggi zu bezahlen J. Vorher müssen der Bus und meine Sachen noch retabliert werden, damit ich pünktlich die Heimreise antreten kann.